Never f*ck the Company!

Über Macht und Affären im Berufsleben

Als Geschäftsführerin eines mittelständischen Familienunternehmens trage ich eine Verantwortung – und genieße gleichzeitig Privilegien, die nicht jeder Mensch hat. Ich bin mir meiner Position durchaus bewusst. Ja, ich verfüge über ein gewisses Maß an Macht und Einfluss in bestimmten Kreisen. Zugegeben: Das fühlt sich manchmal ganz schön cool an.

Gleichzeitig betrachte ich es auch als meine Verantwortung, diese Macht nicht zu missbrauchen – insbesondere nicht in Bezug auf persönliche Beziehungen zu Mitarbeitenden, Kunden oder Geschäftspartnern! Meine klare Regel: Keine Dates mit dem Business-Umfeld. Never fuck the Company! Oder wie meine Oma sagen würde: »Geschäft ist Geschäft und Bier ist Bier.«

Jeder nach seiner Façon

Nun bin ich mit dem Etikett ›jung, weiblich, Chef‹ eine von nur wenigen jungen Geschäftsführerinnen in einer männerdominierten Wirtschaftswelt. Ich möchte niemandem in dieser Welt unterstellen, seine Macht auszunutzen. Ich beobachte lediglich oftmals, dass es manche Männer dort nicht ganz so streng sehen wie ich mit meiner klaren Regel. Das ist auch OK, in dieser Welt verschwimmen die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben oftmals. Ich halte es hier mit Friedrich II.: »Jeder soll nach seiner Façon selig werden.«

Doch genauso nehme ich mir die Freiheit heraus, einmal klipp und klar zu sagen, warum ich Business und privates ›Techtelmechtel‹ strikt voneinander trenne:

Die Branche ist klein

In der Welt des Lebensmittelgroßhandels und der Familienstiftungen ist der Kreis der Akteure begrenzt. Auf Messen und Networking-Veranstaltungen trifft man oft die gleichen Gesichter. Ich habe einfach keine Lust, jemandem, mit dem ich persönlich ›involviert‹ war, bei solchen Anlässen wiederholt zu begegnen – und dann noch gezwungenen Smalltalk führen zu müssen. Ja, ich kann das – aber es nervt trotzdem. Und den Klatsch und Tratsch in der Branche brauche ich auch nicht.

Mein Netzwerk ist wichtiger

Das klingt vielleicht hart, aber: Die Person aus meinem Berufsumfeld, für die ich mein gesamtes Businessnetzwerk gefährden würde, existiert nicht. Mein berufliches Netzwerk ist für mich von unschätzbarem Wert. Eine romantische Beziehung mit jemandem aus diesem Kreis könnte dieses Netzwerk gefährden – und das Risiko ist es mir wirklich nicht wert!

Bloß nicht noch mehr Business-Kram zuhause!

Als Familienunternehmerin weiß ich ganz genau, was es heißt, gleichzeitig berufliche und private Beziehungen am Arbeitsplatz managen zu müssen. Ich bin auch froh, mit so vielen Menschen, die ich privat mag, zu tun zu haben. Aber es ist eben auch anspruchsvoll. Noch eine Beziehungskiste von der Arbeit mit nach Hause schleppen? Nein, danke!

Johanna Schirmer übernahm mit 21 Jahren die Nachfolge des Familienunternehmens und den Vorstand der Familien­stiftung. Sie lernte im Schleudergang was es heißt, ein Un­ternehmen zu führen. Davon erzählt sie in ihren Vorträgen.

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Meine Linie ist klar

Ich weiß, es ist oft gut gemeint, wenn nach dem zweiten Glas Sekt ein Kunde, Partner oder Lieferant sich nach meiner privaten Handynummer erkundigt und mich „gerne mal persönlich kennenlernen“ möchte. Ich verstehe es auch, wenn Leute ihren Arbeitsplatz als potenzielle Dating-Umgebung sehen. Aber als Chefin eines Unternehmens will ich meine professionellen Grenzen wahren. Ich bin hier, um ein Unternehmen zu leiten, nicht um persönliche Beziehungen zu knüpfen. Es geht darum, mein Unternehmen und seine Interessen zu schützen – und nicht darum, meine private Kontaktliste zu erweitern!

Wo zieht ihr die Linie?

Jetzt bin ich gespannt auf eure Perspektiven und Erfahrungen: Wie handhabt ihr das in euren Führungsrollen oder gar als Geschäftsführende? Zieht ihr klare Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben, insbesondere wenn es um Beziehungen geht? Oder seid ihr offen dafür, Liebe und Romantik zuzulassen, wo immer sie euch begegnen, auch am Arbeitsplatz? Ich freue mich auf eure Meinungen, Anmerkungen und Anekdoten! Per E-Mail oder als Nachricht auf LinkedIn!